Ich gebe es ja zu! Ich bin verdammt stolz. Das UNESCO-Weltkulturerbe "Castel del Monte" hat meinen kleinen Reisebericht publiziert. :-)
Hier der nach Italienisch übersetzte Text:
http://www.casteldelmonte.net/viaggio-a-castel-del-monte-di-rudiger-gerolf-biernat/
Und hier mein Originaltext:
Das Castel del Monte faszinierte mich durch mein Mittelalter-Hobby schon seit längerem. Ich versuche in meiner Freizeit das Mittelalter möglichst authentisch nachzuleben, d.h. alle Werkzeuge, Kleidung, etc. stelle ich per Hand her und treffe mich ein paar Mal im Jahr mit anderen „Verrückten“ in Deutschland, um ein Wochenende im Neo-Mittelalter zu verbringen. Aber auch manchmal in anderen Ländern, z.B. in Altopascio, Italien.
Auf meiner Vier-Länder-Urlaubstour im Januar 2010 (Italien, Griechenland, Türkei, Israel) entschied ich mich einen Abstecher nach Andria zu machen. Da ich mit dem Zug reiste und Andria keinen Bahnhof hat, blieb ich also über Nacht in Barletta. Am nächsten Tag ging es, für meine Verhältnisse, erst spät aus dem Bett, so dass ich um ca. 10.15 Uhr am Busbahnhof in Andria stand. Leider war der Bus ohne mich abgefahren und der nächste Bus würde erst spät nachmittags fahren. Ob ich dann noch vom Castel wegkommen würde? Also stand ich, wie üblich und wie viele Male auf meiner Reise, in einer mir wildfremden Stadt. „Nun gut, treiben wir doch mal ein Taxi auf. Das wird ja nicht so schwer sein.“ Wie sehr irrte ich mich doch! Dieser Sonntag war auch noch ein Feiertag. Feiertage sind heilig in Italien! Kein zentraler Taxiruf. Also irrte ich etwas durch Andria, bis ich völlig entnervt aufgab und mich erst einmal in das Café „Noir“ setzte, um in Ruhe einen Latte zu trinken und meine Optionen zu überdenken. Bedingt durch meine mittelalterliche Kleidung kam ich schnell mit dem Inhaber des Cafés ins Gespräch. Francesco war sehr nett und versuchte mit ein paar Telefonanrufen ein Taxi zu organisieren. Leider war niemand erreichbar oder bereit zu fahren. Dass irgendwann eine junge Frau mit dem Wirt sprach, bekam ich nur am Rande mit. Nach einigen Minuten kam Francesco wieder an meinen Tisch und erzählte mir, dass eine „Jugendgang“ bereit wäre, mich zum Castel zu fahren. Ich war völlig perplex und fragte mich im Stillen, ob ich das wohl für einen Wildfremden machen würde.
Also stiegen wir zu fünft in das Auto ihres Freundes und los ging die Fahrt! Während wir über die nicht ganz so guten Straßen holperten, erzählte ich meinen Begleitern warum ich denn unbedingt zum Castel wollte. Mit Händen, Füßen, ein paar Brocken Englisch sowie Wort-Ableitungen aus dem Französischen, klappte es dann.
Am Castel angekommen, verschlug es mir erst einmal die Sprache. Ich kannte das Castel bisher nur von Bildern - aber dieser Anblick war einfach umwerfend. Während ich in München noch Eis und Schnee hatte, empfing mich hier ein strahlend blauer Himmel, dazu das wunderschöne Castel. Schon von weitem konnte man die Bedeutung der Zahl Acht erkennen: Acht Türme, achteckig. Faszinierend! Ich konnte es kaum erwarten, in das Castel zu kommen.
Obwohl das Castel überwiegend aus Kalkstein gebaut wurde, fällt einem das aus rotem Kunststein (Breccia rossa) gemachte Eingangsportal und die Dekorationssäulen auf. Eine interessante Alternative zu den Kirchen und Burgen, die ich sonst sehe. Im Castel empfing mich ein wunderbar stilvoll beleuchteter Raum in Form von einer Ausstellung. Eine Wohltat für jeden, der schon mal durch dunkle Burgen oder Kasematten gegangen ist. Beim Hochsehen sieht man mittelalterliche Kreuzrippengewölbe mit Schlusssteinen. Sehr schön sind auch die Kapitellen. Die Inneneinrichtung ist etwas kahl, da sie nie fertiggestellt wurde. Hier könnte man eventuell mit lokalen Geschäften eine Basis-Ausstattung replizieren. Auch eine Belebung mittels verschiedener Mittelaltergruppen an speziellen Feiertagen wäre eine Überlegung wert. An eine Toilette (Im Winter würde man sich den Po abfrieren!) haben sie aber damals gedacht. :-)
Im Innenhof sollte man sich unbedingt einmal auf den Boden legen, denn das „Tor zum Himmel“ ist sehenswert. Das etwas verwirrende Gangsystem des Castels wird von manchen Leuten als Sicherheitssystem angesehen, damit man sehen konnte, wer in die oberen Gemächer wollte. Doch wahrscheinlicher ist eine normale mittelalterliche Rangfolge der Räume. Bedienstete wurden nicht im ersten Stock untergebracht! Über die Bedeutung des Castels wird viel spekuliert. Es soll eine Beziehung zu der Cheops-Pyramide, dem Felsendom und der Grabeskirche geben. Wahrscheinlicher erscheint es aber, dass es einfach nur ein Jagdschloss oder ein repräsentativer Bau war, um die Lokalfürsten unter Kontrolle zu halten. Nichts desto trotz ein fantastischer, mysteriöser und sehenswerter Bau, den der Stauferkaiser Friedrich der II. dort erbauen ließ!
Nach einem gefühlten Tag (leider waren es nur 1-2 Stunden) verließen wir das Castel. Um uns aufzuwärmen und um „Danke“ zu sagen, lud ich meine neuen Freunde in das Café vor dem Castel ein. Wieder bedingt durch meine Kleidung, kamen wir mit dem Wirt ins Gespräch. Er sprach auch Deutsch und lebte sogar ein paar Jahre in Deutschland. So konnte ich ihm meine Geschichte – vor allen Dingen warum ich zum Castel wollte – erzählen. Zum Abschied schenkte er mir eine alte Postkarte mit dem Café und dem Castel im Hintergrund. Wenn ich das nächste Mal beim Castel bin, bringe ich ihm eine alte Postkarte von unserer Pension aus den 1960er Jahren mit! Hoffentlich gehört ihm dann noch das Café.
Auf der Rückfahrt lieferten mich Chiara Lambo, Riccardo Capurso, Rino Zighy und Donato Papa direkt im Hotel in Barletta ab. Ich bedankte mich mit einer herzlichen Umarmung und (natürlich) Benzingeld. Nochmals vielen herzlichen Dank an euch alle! Meine nächste Reise wird direkt nach Andria gehen. Das Castel etwas genauer ansehen und meinen Freunden „Hallo“ sagen. :-D
Hier der nach Italienisch übersetzte Text:
http://www.casteldelmonte.net/viaggio-a-castel-del-monte-di-rudiger-gerolf-biernat/
Und hier mein Originaltext:
http://Mittelalter-am-Mittelmeer.blogspot.com / Castel del Monte
Das Castel del Monte faszinierte mich durch mein Mittelalter-Hobby schon seit längerem. Ich versuche in meiner Freizeit das Mittelalter möglichst authentisch nachzuleben, d.h. alle Werkzeuge, Kleidung, etc. stelle ich per Hand her und treffe mich ein paar Mal im Jahr mit anderen „Verrückten“ in Deutschland, um ein Wochenende im Neo-Mittelalter zu verbringen. Aber auch manchmal in anderen Ländern, z.B. in Altopascio, Italien.
Auf meiner Vier-Länder-Urlaubstour im Januar 2010 (Italien, Griechenland, Türkei, Israel) entschied ich mich einen Abstecher nach Andria zu machen. Da ich mit dem Zug reiste und Andria keinen Bahnhof hat, blieb ich also über Nacht in Barletta. Am nächsten Tag ging es, für meine Verhältnisse, erst spät aus dem Bett, so dass ich um ca. 10.15 Uhr am Busbahnhof in Andria stand. Leider war der Bus ohne mich abgefahren und der nächste Bus würde erst spät nachmittags fahren. Ob ich dann noch vom Castel wegkommen würde? Also stand ich, wie üblich und wie viele Male auf meiner Reise, in einer mir wildfremden Stadt. „Nun gut, treiben wir doch mal ein Taxi auf. Das wird ja nicht so schwer sein.“ Wie sehr irrte ich mich doch! Dieser Sonntag war auch noch ein Feiertag. Feiertage sind heilig in Italien! Kein zentraler Taxiruf. Also irrte ich etwas durch Andria, bis ich völlig entnervt aufgab und mich erst einmal in das Café „Noir“ setzte, um in Ruhe einen Latte zu trinken und meine Optionen zu überdenken. Bedingt durch meine mittelalterliche Kleidung kam ich schnell mit dem Inhaber des Cafés ins Gespräch. Francesco war sehr nett und versuchte mit ein paar Telefonanrufen ein Taxi zu organisieren. Leider war niemand erreichbar oder bereit zu fahren. Dass irgendwann eine junge Frau mit dem Wirt sprach, bekam ich nur am Rande mit. Nach einigen Minuten kam Francesco wieder an meinen Tisch und erzählte mir, dass eine „Jugendgang“ bereit wäre, mich zum Castel zu fahren. Ich war völlig perplex und fragte mich im Stillen, ob ich das wohl für einen Wildfremden machen würde.
Also stiegen wir zu fünft in das Auto ihres Freundes und los ging die Fahrt! Während wir über die nicht ganz so guten Straßen holperten, erzählte ich meinen Begleitern warum ich denn unbedingt zum Castel wollte. Mit Händen, Füßen, ein paar Brocken Englisch sowie Wort-Ableitungen aus dem Französischen, klappte es dann.
Am Castel angekommen, verschlug es mir erst einmal die Sprache. Ich kannte das Castel bisher nur von Bildern - aber dieser Anblick war einfach umwerfend. Während ich in München noch Eis und Schnee hatte, empfing mich hier ein strahlend blauer Himmel, dazu das wunderschöne Castel. Schon von weitem konnte man die Bedeutung der Zahl Acht erkennen: Acht Türme, achteckig. Faszinierend! Ich konnte es kaum erwarten, in das Castel zu kommen.
Obwohl das Castel überwiegend aus Kalkstein gebaut wurde, fällt einem das aus rotem Kunststein (Breccia rossa) gemachte Eingangsportal und die Dekorationssäulen auf. Eine interessante Alternative zu den Kirchen und Burgen, die ich sonst sehe. Im Castel empfing mich ein wunderbar stilvoll beleuchteter Raum in Form von einer Ausstellung. Eine Wohltat für jeden, der schon mal durch dunkle Burgen oder Kasematten gegangen ist. Beim Hochsehen sieht man mittelalterliche Kreuzrippengewölbe mit Schlusssteinen. Sehr schön sind auch die Kapitellen. Die Inneneinrichtung ist etwas kahl, da sie nie fertiggestellt wurde. Hier könnte man eventuell mit lokalen Geschäften eine Basis-Ausstattung replizieren. Auch eine Belebung mittels verschiedener Mittelaltergruppen an speziellen Feiertagen wäre eine Überlegung wert. An eine Toilette (Im Winter würde man sich den Po abfrieren!) haben sie aber damals gedacht. :-)
Im Innenhof sollte man sich unbedingt einmal auf den Boden legen, denn das „Tor zum Himmel“ ist sehenswert. Das etwas verwirrende Gangsystem des Castels wird von manchen Leuten als Sicherheitssystem angesehen, damit man sehen konnte, wer in die oberen Gemächer wollte. Doch wahrscheinlicher ist eine normale mittelalterliche Rangfolge der Räume. Bedienstete wurden nicht im ersten Stock untergebracht! Über die Bedeutung des Castels wird viel spekuliert. Es soll eine Beziehung zu der Cheops-Pyramide, dem Felsendom und der Grabeskirche geben. Wahrscheinlicher erscheint es aber, dass es einfach nur ein Jagdschloss oder ein repräsentativer Bau war, um die Lokalfürsten unter Kontrolle zu halten. Nichts desto trotz ein fantastischer, mysteriöser und sehenswerter Bau, den der Stauferkaiser Friedrich der II. dort erbauen ließ!
Nach einem gefühlten Tag (leider waren es nur 1-2 Stunden) verließen wir das Castel. Um uns aufzuwärmen und um „Danke“ zu sagen, lud ich meine neuen Freunde in das Café vor dem Castel ein. Wieder bedingt durch meine Kleidung, kamen wir mit dem Wirt ins Gespräch. Er sprach auch Deutsch und lebte sogar ein paar Jahre in Deutschland. So konnte ich ihm meine Geschichte – vor allen Dingen warum ich zum Castel wollte – erzählen. Zum Abschied schenkte er mir eine alte Postkarte mit dem Café und dem Castel im Hintergrund. Wenn ich das nächste Mal beim Castel bin, bringe ich ihm eine alte Postkarte von unserer Pension aus den 1960er Jahren mit! Hoffentlich gehört ihm dann noch das Café.
Auf der Rückfahrt lieferten mich Chiara Lambo, Riccardo Capurso, Rino Zighy und Donato Papa direkt im Hotel in Barletta ab. Ich bedankte mich mit einer herzlichen Umarmung und (natürlich) Benzingeld. Nochmals vielen herzlichen Dank an euch alle! Meine nächste Reise wird direkt nach Andria gehen. Das Castel etwas genauer ansehen und meinen Freunden „Hallo“ sagen. :-D
http://Mittelalter-am-Mittelmeer.blogspot.com / Castel del Monte by Rüdiger Gerolf Biernat is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Germany License.
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